Die Gründungsjahre: 1903 bis 1933

Lichtenrade 1903: Wir hatten das Kaiserreich, Deutschland stand auf der Höhe seiner Macht. Die Milliarden, die nach dem Krieg von 1870/71 aus Frankreich nach Deutschland flossen, die Proklamierung des Kaiserreichs und die Ausrufung Berlins zur Reichshauptstadt brachten einen gewaltigen Aufschwung. Berlin zog die Menschen aus Schlesien, Pommern, Ostpreußen und Westpreußen sowie aus der Mark Brandenburg und Sachsen wie ein Magnet an. Häuser schossen wie Pilze aus der Erde, jene Häuser mit zwei und drei Hinterhöfen, Quergebäuden und Seitenflügeln. Baugesellschaften wurden gegründet und machten Pleite; die Spekulation blühte. Die Menschen, die vom Land herkamen, zogen nun in diese Baublöcke. Sie waren gewöhnt an Feld und Flur, an Wald und Wiese und an überschaubare Verhältnisse. Hier sahen sie allenfalls einige Quadratmeter Himmel und graue Mauern. Sie verdienten hier gut, hatten Chancen, es zum Wohlstand zu bringen, haben Firmen gegründet, die später Weltruf erlangten. Aber die Sehnsucht nach freiem Blick, nach Luft, Feld und Wald blieb. Sie wollten ein Plätzchen, das ihnen gehörte, wo sie ein paar Bäumchen pflanzen und ihre Erdbeeren selbst ziehen konnten. So wurde die Sehnsucht nach dem eigenen Stückchen Land immer stärker. Zu erst vielleicht eine kleine Laube, später ein kleines Häuschen. Das konnte nur außerhalb Berlins geschehen, hier war der Boden noch billig. So musste und wollte man auch weit hinaus, um in der freien Natur zu sein. Unbequemlichkeiten, oft kilometerlange Wege, wurden in Kauf genommen.

So kamen um die Jahrhundertwende die ersten Siedler, man nannte sie geringschätzig "Laubenpieper". Nicht nur in Lichtenrade, sondern auch im Norden, Osten und Westen fanden sich Siedler ein. Lichtenrade war damals ein Dorf im Kreis Teltow mit ca. 900 Einwohnern, weit abgelegen, verkehrsmäßig nicht erschlossen. Mit der Dorfaue, dem Teich, den weiten Feldern ein idealer Platz für die Menschen, die vom Lande gekommen waren.

Keine Straßenbahn fuhr, kein Bus; nur ein Dampfzug fuhr alle Stunde vom Potsdamer Ringbahnhof, und der hielt auch nur in Lichtenrade, wenn jemand sichtbar an dem Haltepunkt stand oder vorher dem Zugführer gesagt hatte, dass er in Lichtenrade aussteigen wollte. Später fuhr dann eine Straßenbahn nach Mariendorf, von dort musste man laufen. Erst am 15. Mai 1939 wurde der elektrische Betrieb Berlin - Potsdamer Ringbahnhof - Lichtenrade - Mahlow aufgenommen.

Hermann Wundrich, ehemals Vorsitzender und später Ehrenmitglied des Vereins, schreibt darüber sehr anschaulich in seinen Erinnerungen:

"Ich erwarb mir 1907 in Lichtenrade ein Grundstück, und das kam so. Eines Tages sagte ein Freund, er hätte sich in Lichtenrade ein Grundstück gekauft. Nach Rede und Gegenrede, wo denn das Lichtenrade überhaupt ist, gab der neue Grundstücksbesitzer die nötige Auskunft. Wenn er seine Laube fertig habe, würde er die Klubmitglieder nach Lichtenrade einladen. Nach einiger Zeit war es dann soweit. Bei schönstem Sonntagswetter fuhren wir, 27 Damen und Herren, mit der Straßenbahn 73 gen Lichtenrade. Die Endhaltestelle der 73 war etwas vor der jetzigen Rennbahn. Dann kam der Spaziergang auf der staubigen Chaussee, die noch nicht gepflastert war. Der neue Grundbesitzer hatte uns vorher die Lage des Grundstücks beschrieben. Der Weg auf der Chaussee ging bis zum Kilometerstein 13,2, der an der heutigen Goethestraße erreicht wurde. Hier rechter Hand in einen Feldweg einzubiegen hieß es. Nach etwa 200 m Feldweg kam linker Hand ein Roggenfeld, durch das ebenfalls linker Hand ein Trampelpfad führte. Der Trampelpfad führte dann weiter über einen großen Kartoffelschlag bis etwa zur heutigen Geibelstraße in der Höhe der Fontanestraße. Man sollte sich aber nicht von den Bauern erwischen lassen, sonst gäbe es Unannehmlichkeiten. Hier fanden wir auch das Grundstück unseres Freundes. Die Hausfrau hatte sich schon vorher bereit erklärt, das Kaffeewasser aus der neuen, gerade fertig gewordenen Pumpe zu kochen. Wer aber seinen mitgebrachten Kaffee aus einer Tasse trinken möchte, müsse sich dazu alles mitbringen, ebenso Gebäck, Abendbrot usw. Zum Abendbrot spendierte der neue Grundbesitzer einen Kasten Bier. Vom Zimmerermeister Sachs ließ sich der neue Grundbesitzer zu diesem Tage einen runden Tisch anfertigen, 3,12 m im Durchmesser. Da es keine Sitzgelegenheit gab, standen wir alle um den Tisch herum und verzehrten unseren Imbiß. Nach der Kaffeepause lud uns der neue Grundbesitzer zu einem Spaziergang durch die neu entstehende Kolonie ein. Plötzlich blieb er stehen, klopfte mir auf die Schulter und sagte: Herr Wundrich, das wäre hier ein Grundstück für Sie. Ich winkte ab, da wir, meine Freundin und ich, gerade beim Überlegen waren, ob wir uns ein Ruderboot oder ein Segelboot anschaffen möchten. Der Rückweg nach Berlin war derselbe wie der Hinweg und verlief bei Gesang und Plauderei an diesem schönen Sommerabend wunderbar. Abends nach 11 Uhr brachte ich meine Freundin nach Hause. Ihre Eltern, die ein Restaurant am Heinrichsplatz hatten, waren um ihre Tochter schon in großer Sorge. Ich konnte aber die Eltern , die ich hierbei erstmalig kennenlernte, beruhigen. Es sei doch der Weg nach und von Lichtenrade sehr weit gewesen. Es sei aber bestimmt nichts passiert."

Als Hermann Wundrich 1907 sein Grundstück kaufte, bestanden einige Lichtenrader Grundbesitzer-Vereine. Ihre Gründung war nötig, um wirksam die Interessen der Siedler zu vertreten. Die jungen Grundbesitzer hatten viele gemeinsame Interessen, die durchzusetzen besser möglich war, wenn man gemeinsam handelte. Viele Sorgen und Probleme gab es da. Die Bauern, die einem Land verkauften, aber mit Knütten aufpassten, dass man die abkürzenden Wege durch die Felder nicht benutzte, die Sorge um Wasser, um Licht, neue Wege, in denen man bei Regen nicht im Dreck versank, später um Schulen usw.

Mit dem Erwerb von Grund und Boden durch viele Berliner setzte bald eine rege Bautätigkeit ein. Schon 1904 konnten mehrere Neubauwohnungen in Lichtenrade bezogen werden. Man muss noch heute den Mut der Grundbesitzer bewundern, Wohnhäuser inmitten der Feldmark zu erbauen, ohne feste Straßen, ohne Wasser- und Gaszuleitung, ohne Kanalisation und ohne elektrischen Strom. So entstand zuerst das Bahnhofsviertel westlich der Eisenbahn. Die Mälzerei der Schloßbrauerei Schöneberg an der Steinstraße war 1903 bereits in Betrieb. Der Ausschank des Schloßbräu erfolgte in einer neuen Gaststätte (ehemals "Haus Buhr"). Auch das Diakonissen-Mutterhaus "Salem" wurde in dieser Zeit an der Hohenzollern-/Ecke Rohrbachstraße gebaut. Von 1905 an setzte eine ungeahnte Entwicklung von Lichtenrade ein. Die Bewohner des Berliner Südwestens und Südens kamen des Sonntags mit Kind und Kegel nach Lichtenrade und picknickten zur Erholung in der Nachtbucht, dem Nachtlager der Viehherden. Die Nachtbucht war damals mit dichtem Ginstergebüsch bewachsen, also noch nicht das heutige, unterholzfreie und durch Wege erschlossene Erholungsgebiet. Nahe der Nachtbucht wurde dann später das Komponistenviertel mit Mozart -, Beethoven -, Straußstraße usw. angelegt. Von 1905 an verkauften die Lichtenrader Bauern große Teile ihres Ackerlandes im heutigen Dichterviertel oder auch West-Kolonie genannt, weil dieses Gebiet westlich des Lichtenrader Damms liegt. Goethe-, Schiller-, Geibel-, Raabestraße usw. erinnern daran. Östlich des Lichtenrader Damms entstand das Märkische Viertel mit Potsdamer, Soldiner, Schwedter Straße. Im Taunusviertel gab es bald danach die Wiesbadener, Homburg-, und Krontalstraße. Östlich des alten Dorfes haben die letzten Lehngutsbesitzer Bornhagen und Bohnstedt ein Denkmal bei der Straßenbenennung erhalten. Östlich des Kirchhainer Damms entstand das Bayerische Viertel mit Würzburger, Regensburger, Bamberger, Nürnberger Straße usw. Westlich des Kirchhainer Damms finden wir das Feldherrenviertel mit Moltke-, Roon-, Falckensteinstraße. Im Flüsseviertel nahe der heutigen Steinstraße gibt es die Nuthe-, Rhin- und Dossestraße. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Siedlung mit den Wegen Franziusweg, Grenzweg, Abendrotweg gebaut. Der Gemeinnützige Verein Heimatland erwarb 1931 ein Gelände zwischen Kettinger Straße und der Eisenbahn und parzellierte es. Die bekanntesten Namen auf diesem Gelände sind die Eisnerstraße, der Scheerbartweg und der Dörfelweg.

In Lichtenrade entstanden folgende Vereine: 1903 wurde der Haus- und Grundbesitzer-Verein Lichtenrade 03 e.V. gegründet - der erste Verein dieses Namens, der durch die spätere Vereinigung des Vereins zum Gründungsverband wurde. Erster Vorsitzender war Rechnungsrat Rohrbach aus Wilmersdorf. Die Rohrbachstraße trägt seinen Namen. Diesem Mann verdankt Lichtenrade sehr viel. Durch seine Tatkraft und Initiative, unterstützt von seinen Kollegen im Vorstand, erreichte er in zähen Verhandlungen und vielen Schriftsätzen, dass die Pflasterung der Hilbert-, Krüger-, Paetsch-, Richter-, Rangsdorfer, Hohenzollern-, Prinzessinnen- und Bahnhofstraße (1906/07) sowie einzelner Straßenzüge des Feldherrenviertels durchgeführt wurde. Auch der Bau von Gas-, Wasser-, Elektrizität- und Telefonleitungen sowie der Ausbau der Schulen und der Neubau des Bahnhofs Lichtenrade (1909) ist auf seine Tätigkeit zurück zu führen. Bis zum Ende des 2. Weltkrieges hatte Hermann Wundrich den Vorsitz inne. Versammlungslokal des Vereins war das Waldrestaurant in der Hilbertstraße. Es wurde im Krieg zerstört. Durch die Parzellierung des Westgeländes wurde von den dortigen Siedlern am 9. September 1906 der Haus- und Grundbesitzer-Verein Lichtenrade-West e.V. am Versammlungsort "Ausschank Pucherts Ruh" in der Lessingstraße gegründet. Im Jahre 1912 wurde das Restaurant Wilhelm Bohm, Krusauer (Kant-) Ecke Lessingstraße, als Versammlungslokal gewählt. Das Lokal besteht noch heute. Durch seine starke Mitgliederzahl konnte der Verein erreichen, dass die gesamte Westkolonie (Dichterviertel) gepflastert wurde und Wasser-, Licht- und Kanalisationsanschlüsse erhielt. Der West-Verein hat auch dazu beigetragen, dass anfangs die Kolonie durch privaten Omnibusverkehr bis zur Rennbahn Mariendorf mit der Innenstadt verbunden werden konnte und 1928 die erste Straßenbahn fuhr. 1908 wurde der Haus- und Grundbesitzer-Verein Lichtenrade-Ost e. V. unter Vorsitz von Wilhelm Ahr gegründet. Versammlungslokal war das Restaurant "Der Lindenhof". Sein Bereich lag im Märkischen, Taunus - und Bauernviertel. Ein Verein, der sehr aktiv war, von dem Unterlagen aber leider nicht mehr existieren. Ebenfalls 1908 entstand im südöstlichen Teil der Eigenheim- und Grundbesitzer-Verein "Bayerisches Viertel" e.V. unter Vorsitz der Herren Otto Schalldach, Ing. Alfred Richter und Marineoffizier Jansen. Wenn auch, wie in der Ostkolonie, der Straßenbau teilweise etwas stockte, entstand auch hier eine blühende Gartenkolonie. Als Versammlungslokale sind zu nennen: Restaurant Kühne in der Nürnberger Straße und Gasthof "Zur Linde", Kirchhainer Damm. Das Restaurant Kühne besteht nicht mehr. Hier machte der Verein seine Ernteausstellung. Letzter Vorsitzender des Vereins war Ing. Hans Ribbach. 1919 entstand der Haus- und Grundbesitzer-Verein Lichtenrade, der nichts mit dem 1903 gegründeten Verein gleichen Namens zu tun hatte. Der 6. Februar 1919 ist sein Gründungsdatum. Außer einer Satzung vorn 21. April 1934 sind keine Unterlagen vorhanden. Vorsitzender war 1934 A. Richter. Der Verein gehörte dem Bund der Berliner Haus- und Grundbesitzervereine e.V. an. Sämtliche Bekanntmachungen des Vereins erfolgten in der Zeitschrift "Das Grundeigentum". Der Verein soll im wesentlichen die größeren Mietshäuser in Lichtenrade betreut haben. Verein der Eigentumsbesitzer Berlin-Lichtenrade e. V. (vormals Siedlung St. Elisabeth): Anfang der dreißiger Jahre ließ Monsignore Theodor Grabe das durch eine Grundstückstransaktion erworbene Ackerland zwischen Griembergweg, Zeißpfad, Reichnerweg und Bernauer Straße parzellieren, um von dem Erlös das Lichtenrader Christophorus-Kinderkrankenhaus aufzubauen. Zu den ersten Ansiedlern dort, die sich alsbald zu einem Siedlerverein "St. Elisabeth" zusammenschlossen, gehörte auch (der spätere Stadtrat) Alwin C. Hardtke, der den ersten Vorsitz übernahm. Später führte Otto Draeger bis zu seiner Einberufung zur Wehrmacht den Verein. Schließlich übernahm Hans Drescher die Leitung des Vereins bis zum Kriegsende. Gemeinschaft der Grundbesitzer an der Buckower Chaussee e.V. : Über diesen Verein liegen keine Unterlagen vor. 1947 war Herr Niettert Vorsitzender des Vereins. Straßenbaukasse der Siedlung an der Goethestraße in Berlin-Lichtenrade e. V.: Das genaue Gründungsdatum ist nicht ermittelt. Es ist ein Protokollbuch vorhanden, das am 7. November 1933 beginnt und am 24. Dezember 1943 endet. Vorstandsmitglieder waren 1933 die Herren R. Paasch, W. Heese, K. Neumann und E. Sewald. Am 6. Januar 1934 wurde der Verein ins Vereinsregister eingetragen. Dieser Verein beschäftigte sich hauptsächlich mit dem Straßenbau im Vereinsbereich. In allen diesen Vereinen hat es tüchtige Männer und Frauen gegeben, die sich für den Verein und ihre Mitglieder einsetzten und durch ihre Kraft und Initiative entscheidend auch zur Entwicklung von Lichtenrade beitrugen. Da ging es um Schulen, Verkehrsverbindungen, um Straßen und Plätze, um Beleuchtung, um Wasser und Kanalisation und um Behebung der Wassernot. Nach den großen Regenfällen 1926/1927 versank Lichtenrade buchstäblich im Wasser. Das Wasser stand noch nach Wochen über einen halben Meter hoch; in den Gärten fielen die jungen Obstbäume um, man konnte nur auf ausgelegten Brettern in den Garten gelangen. Mit aller Macht setzten sich die Vereine beim Magistrat ein, damit Abhilfe geschaffen wurde, was nur durch den Bau eines Kanals geschehen konnte, der das Oberflächenwasser in den Teltowkanal leitete. In enger Zusammenarbeit mit dem Magistrat gelang es den Vereinen, das Projekt - das immerhin 5,5 Millionen Reichsmark kostete - durchzusetzen. Ende 1929 war dann der Kanal fertiggestellt. Er hatte die Bezeichnung "Lichtenrader-Lankwitzer-Regenwasser-Sammelkanal" - kurz "Lilaresa" genannt. Die Lichtenrader waren damit von der größten Wassernot befreit. Ein besonderes Anliegen war auch die Verbesserung der Verkehrsverhältnisse nach der Stadt. Die Straßenbahn 73 fuhr doch nur bis zur heutigen Rennbahn Mariendorf. Es gelang schließlich, eine Straßenbahn nach Lichtenrade zu bekommen. Dazu waren erhebliche Vorarbeiten notwendig. Es musste eine neue Trasse bzw. Straße gebaut werden, denn man wollte die alte Dorfstraße - heute Alt - Lichtenrade - umgehen. So entstand der heutige Lichtenrader Damm. Die Linie hatte die Nr. 99. Sie fuhr vom Bahnhof Lichtenrade bis zur Seestraße. Die Streckenlänge betrug 24,2 km, die Fahrzeit 87 Minuten. Später kam noch die Linie 25 hinzu, die sogar bis Tegel fuhr.

1945 bis 2018: Von der Fusion bis zur serviceorientierten Interessenvertretung

  • 1945 +

    1945 schwiegen die Waffen. Die Vereine bestanden nicht mehr, Versammlungen waren zunächst verboten, und es ging darum, zu überleben. Man fand sich nach einiger Zeit wieder zusammen, die einzelnen Vereine führten ein bescheidenes Leben. Erst 1947 wurde die Bildung von Vereinen wieder zugelassen. Antrag und Satzungsentwurf waren in Englisch und Deutsch in mehrfacher Ausfertigung über das Bezirksamt an die Alliierte Kommandantur einzureichen.Es fehlte an allem. Über die Vereine versuchte man Holz, Baustoffe, Zement, Samen, Zaunpfähle usw. zu bekommen. Bald sah man ein, dass die einzelnen mitgliederschwachen Vereine nicht viel erreichen konnten. So war es kein abwegiger Gedanke, alle Vereine zu einem großen Verein zu vereinigen, und die großen Aufgaben, die bevorstanden, gemeinsam zu lösen. Das war nicht ganz einfach. Versammlungen waren dazu einzuberufen. Aber jede Versammlung musste vorher durch die Alliierte Kommandantur genehmigt werden. Der Antrag war stets in Englisch und Deutsch in mehrfacher Ausfertigung einzureichen.
  • 1947 +

    Nach Kriegsende entwickelt sich auch in den Lichtenrader Grundbesitzervereinen wieder ein Vereinsleben. Besonders aktiv ist der Haus- und Grundbesitzerverein Berlin-Lichtenrade 1903 unter Leitung von Hermann Wundrich. Mit geringen Änderungen wird die Satzung von 1926 wieder in Kraft gesetzt. Für eine offizielle Anmeldung des Vereins ist die Genehmigung der amerikanischen Behörden erforderlich. Schon Anfang 1947 gibt es Bestrebungen, sämtliche Lichtenrader Grundbesitzervereine zu einem großen Verein zusammenzuschließen.
  • 1948 +

    Auf der Generalversammlung am 13. Januar 1948 wird erstmals ein Vorstand gewählt, dem auch Mitglieder anderer Lichtenrader Vereine, z. B. des Haus- und Grundbesitzervereins Bayerisches Viertel, angehören. Somit ist der Zusammenschluss der Vereine vollzogen. Wichtiges Thema des Vereins ist der Flurschutz. Von Juni bis Oktober 1947 wurde gegen 327 Personen nur in Lichtenrade Strafantrag wegen Diebstahls gestellt. Den Personen wurden 5.274 kg Obst, Gemüse, Getreide usw. abgenommen, das diese von Feldern und aus Gärten in Lichtenrade gestohlen hatten. Aufgrund der regen Teilnahme der Mitglieder finden immer zwei Versammlungen zu verschiedenenTerminen mit den gleichen Themen statt.
  • 1949 +

    Der Wahlausschuß des Vereins ist der Meinung, dass „ein Geschäftsmann in der Art des Geschäftes, wie es Herr Wundrich (Anm.: der Vorsitzende) betreibe, nicht mehr Vorsitzender eines solchen Vereins sein darf. Eine völlige Trennung von Geschäftsinteressen und denen des Vereins sei dringendes Erfordernis“. Auf der Mitgliederversammlung vom 30. Januar 1949, zu der 295 von rd. 1.650 Mitgliedern anwesend sind, wurde Herr Hubert Kissner zum Vorsitzenden gewählt. Das Vereinsvermögen beträgt in Folge der Währungsreform nur noch rd. DM 300,-.
  • 1950 +

    Der Verein bezieht erstmals eine eigene Geschäftsstelle, und zwar in der Bahnhofstr. 14 über dem Bestattungsinstitut Dannert. Mietbeginn ist der 1. Dezember 1950. Die Sprechstunden finden immer montags und freitags von 14 bis 19 Uhr und mittwochs von 9 bis 13 Uhr statt. (Anmerkung: Noch heute finden die Sprechstunden mit geringen Änderungen zu diesen Terminen statt.)
  • 1951 +

    Die Geschäftsstelle des Vereins erhält einen eigenen Telefonanschluß mit der Nummer 70 88 72. Herr Rossmann wird vom Verein für die Arbeit auf der Geschäftsstelle und den Sprechstunden angestellt. Es findet eine Protestveranstaltung gegen die schlechte Anbindung Lichtenrades mit öffentlichen Verkehrsmitteln statt. Mit einer Resolution werden Abgeordnetenhaus, Senat, Bezirksamt und BVG aufgefordert, die Buslinie 2 von Lankwitz Kirche bis zum Bahnhof Lichtenrade und die Straßenbahnlinie 99 bis zur Jerusalemer Kirche zu verlängern. Hans Ribbach wird zum Vorsitzenden gewählt.
  • 1952 +

    Nach vielen organisatorischen Dingen stehen jetzt Themen wie Lastenausgleich, Hypothekengewinnabgabe, Straßenbau und Pflasterung, Baunotabgabe und Kriegsschädenbeseitigung im Mittelpunkt der Vereinstätigkeit. Sehr wichtiges Thema ist die Verwaltung der Pflaster- und Kanalisationskassen. Der Verein ist als Folge der Verschmelzung für rund ein Dutzend derartiger Kassen zuständig.
  • 1953 +

    Endlich! Am 16. Februar 1953 wird die Verschmelzung der Vereine zum Haus- und Grundbesitzerverein Berlin-Lichtenrade e.V. im Vereinsregister eingetragen.Der Vorsitzende Hans Ribbach verstirbt. Reinhold Paasch übernimmt kommissarisch den Vorsitz bis dann im Laufe des Jahres Max Schneider zum Vorsitzenden gewählt wird.
  • 1954 +

    Das Bezirksamt regt an, die Pflasterkassen in modernisierter Form wiederzubeleben. Die Mitglieder lehnen dies ab und erheben sogar die Forderung, dass die Pflasterkosten nicht von den Anliegern erhoben werden dürften, da diese durch die hohen Kosten dem wirtschaftlichen Ruin ausgeliefert seien.
  • 1955 +

    Auf einer Mitgliederversammlung wird von einem Vertreter des Schutzbundes für Hausbesitz über das Thema „Die Not des Berliner Hausbesitzes und Abwehrmaßnahmen gegen seine Entrechtung“ referiert. In Lichtenrade werden rund 100 neue Straßenlaternen aufgestellt.
  • 1956 +

    Der bisherige Geschäftsführer Herr Rossmann legt sein Amt nieder. Die Nachfolge übernimmt Herr Wilhelm Engel. Herr Albrecht Schirmer wird zum Vorsitzenden gewählt.
  • 1957 +

    Von 213 nicht ausgebauten Straßen im Bezirk Tempelhof liegen 115 im Ortsteil Lichtenrade. Der Straßenausbau geht nicht voran. Gegenüber dem Senat wird der Vorwurf erhoben, von den Lichtenradern die Grundsteuer zu kassieren, das Geld aber zum Ausbau von Straßen in der Innenstadt zu verwenden.Die Geschäftsstelle ist zum 1. Juli 1957 in den Kirchhainer Damm 10 umgezogen. Im Jahr 1957 haben sich 670 Mitglieder auf der Geschäftsstelle beraten lassen. „Die starke Inanspruchnahme“, so der Jahresbericht 1957, „erkläre sich durch die immer komplizierter werdenden Gesetze und Verordnungen den Haus- und Grundbesitz betreffend". Am Vereinsausflug zum Tegeler See nahmen 516 (!) Mitglieder und Angehörige teil. Die Beförderung erfolgte in 13 Omnibussen.
  • 1958 +

    Im Jahr 1958 wurden ganze 350 m Straße (Feldstedter Weg) ausgebaut. Es stehen noch rd. 25 km Straße zum Ausbau an.
  • 1959 +

    Am 26. Juni 1959 findet unter dem Motto „Heraus zum Massenprotest gegen Vernachlässigung des Straßenbaus in Lichtenrade“ eine öffentliche Protestversammlung statt. Die Versammlung sowie die beschlossene Resolution finden ein gutes Echo in der Presse; und auch weitere Gelder werden vom Senat für den Straßenbau zur Verfügung gestellt. Auf Antrag des Vereins werden 42 neue Straßenleuchten aufgestellt.
  • 1960 +

    Noch immer sind 25 km Straßen in Lichtenrade nicht ausgebaut. Im Jahr 1960 wurden rd. 900 m Straße ausgebaut. Bei diesem Bautempo und unter Berücksichtigung der weiteren Erschließung Lichtenrades durch den Wohnungsneubau wird der Ausbau der Straßen erst in ca. 50 Jahren abgeschlossen sein, so der damalige Vorstand in seinem Jahresbericht.
  • 1961 +

    Das Thema Straßenbau ist inzwischen politisch so dringend, dass der zuständige Bezirksstadtrat Hoffmann an einer Vorstandssitzung des Vereins teilnimmt. Herr Engel, Geschäftsführer des Vereins, kritisiert den Zustand der Geschäftsstelle, „da ein geordneter Geschäftsbetrieb kaum noch zu gewährleisten ist“. Die Straßenbahnlinie 99 wird am 30. September eingestellt und durch Busse ersetzt. Der Verein fordert die Verlängerung der U-Bahn nach Lichtenrade. Die Altbaumietenverordnung tritt in Kraft; sie ermöglicht Mieterhöhungen bei Untervermietung, gewerblicher Nutzung und Modernisierung sowie die Umlage von Betriebskostenerhöhungen. In Marienfelde soll ein Klärwerk gebaut werden. An der Blohmstraße nimmt eine Tonschürfanlage ihren Betrieb auf. Proteste der Anwohner und des Vereins waren ohne Erfolg.
  • 1962 +

    Um eine bessere Mitgliederberatung zu ermöglichen, wird ein zweiter Raum für die Geschäftsstelle angemietet.
  • 1963 +

    Erstmals seit Gründung des Vereins im Jahr 1903 wird der Mitgliedsbeitrag angehoben, und zwar von 6,- DM pro Jahr auf 9,- DM pro Jahr. Die Geschäftstelle zieht um. Neuer Sitz ist Alt-Lichtenrade 132. Zur Unterstützung des Geschäftsführers wird eine Schreibkraft (Frau Liebold) eingestellt. Diese Themen beschäftigten den Verein im Jahr 1963: Vernachlässigung des Straßenbaus, Splittwerk in der Blohmstraße (Lärm, Staub), Splittlagerplatz in der Groß-Ziethener Straße bei Reisel, Montagehalle an der Steinstraße, Veranlagungsbescheide des Bezirksamts für 1900 bis 1910 gebaute Straßen, Oberflächenentwässerung in Lichtenrade, besonders Dielingsgrund u.a.
  • 1964 +

    Endlich geht es mit dem Straßenausbau voran: Für das Jahr 1964 sind fast 4 Mio. DM für Kanalisation und Straßenbau vorgesehen.
  • 1965 +

    Zum Ende des Jahres ist eine Mieterhöhung im Altbau zulässig. Dies erhöht sofort den Beratungsbedarf: in drei Monaten kommen 350 Mitglieder in die Sprechstunden.
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von 9 - 12 Uhr

 

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